Ich bin ausgeschlafen. Das Wetter ist wieder sehr schön und morgens kalt. Zum Frühstück muss ich in das Städtchen laufen und gehe bei der Gelegenheit noch einmal im Kloster und der Klosterkirche vorbei, ich möchte mir einen Stempel holen für meinen Pilgerausweis. Die Kirche ist abgeschlossen und ich wende mich an den daneben liegenden Beherbergungsbetrieb.

Ein kleines Wunder geschieht: Ich bekomme den Schlüssel für die Kirche und kann dort für einige Zeit ganz alleine sein. Es ist ein erstes kleines Durchbruchs- Erlebnis. Es geschieht eine Ergriffenheit, die ich nicht oft erlebe, die sich Ausdruck verschaffen will im Singen, im Beten, im Weinen. Das ist nur möglich, weil es sich so gefügt hat.

Dann geht es los den Weg noch einmal zurück und dann weiter am See entlang, durch die zunächst noch gewohnte und schöne Landschaft mit dem lichten Fichtenwald. Nach einer Weile muss ich die A2 queren und es wird unangenehm laut, für eine sehr lange Zeit. Die Landschaft ändert sich. Zum ersten Mal ist sie so, wie ich es mir schon öfter vorgestellt hatte: Endlose landwirtschaftliche Flächen, die teils brachliegen und vollkommen überdüngt scheinen. Jedenfalls riecht es so. Viele Kilometer wandere ich so durch diese für meine bayerische Seele etwas trostlos anmutende Landschaft. Das ist weit mehr als die Hälfte des Weges, die ich so zurück lege. Ein kleines Wäldchen zwischendurch gibt die Möglichkeit für eine Rast. Auf dem trockenen Boden kann ich mich in die Sonne legen, eine Bank habe ich die ganzen 20 km nicht gefunden.

Das viel gerühmte Brandenburg an der Havel empfängt mich auch nicht gerade mit Schönheit. Erst in der Innenstadt beginne ich mich etwas wohler zu fühlen, und die kleine Pension, die ich reserviert hatte, bietet einen angenehmen Empfang. Die Füße tun mir weh nach dieser längsten Strecke, die ich bisher gelaufen bin. Gott sei Dank sind die nächsten Tage wohl nicht so anspruchsvoll und hoffentlich auch landschaftlich schöner. Aber ich bin immer noch erfüllt von meinem Beginn des Tages in der Lehniner Klosterkirche. Dort hatte ich wirklich Zeit und Konzentration, mich mit all den Menschen zu verbinden, die mich auf dem Weg begleiten. Es sind immer mehr geworden in den letzten Tagen. Also ist am Ende des Tages vor allem eines: Dankbarkeit

Weg und Bilder in Komoot: 4. Pilgertag