Es ist Regen angesagt für heute – wie viel, kann man schwer abschätzen. Deshalb teste ich, bevor ich los pilgere, meine Regenklamotten in einem Marsch zum nächsten Supermarkt, der fast eine halbe Stunde von meiner Pension entfernt liegt. Irgendwann in der Nacht muss die Heizung wohl doch noch angesprungen sein, sodaß mein frisch gewaschenes Hemd tatsächlich noch trocken geworden ist. Alle Vorzeichen stehen auf grün, als ich mich endlich auf den Weg mache. Es geht quer durch eine landwirtschaftliche Gegend, die allerdings durch die vielen Spargelabdeckplanen und Plastikgewächshäuser verunstaltet ist.
Trotzdem fühlt sich dieser Weg wesentlich angenehmer an als in den Tagen zuvor, wo ich so oft neben Bundesstraßen herlaufen musste. Und irgendwann bin ich dann doch wirklich in der Natur, allerdings nicht sehr lange. Denn dann erreiche ich den Elbe-Havel-Kanal. Während ich eine der wenigen Brücken nutzen kann, beginnt es wirklich zu regnen, zuerst recht sacht, mehr ein Nieseln, sodaß ich mich schon Frage, ob es wirklich sinnvoll war, die wasserdichte Regenüberhose an zu behalten.
Diese Frage klärt sich schnell: der Regen wird immer heftiger und er begleitet mich die ganzen 12 – 14 km an dem Kanal entlang. Die Hose hält dicht, was man von meinem Anorak nicht behaupten kann. Als ich in Genthin ankomme, bin ich doch einigermaßen nass geworden. In dieser verlassen wirkenden Stadt finde ich wenigstens zunächst ein Cafe und dann mein Hotel, indem ich mich nach dieser nassen Strapaze gut aufgehoben fühle.
Dort beginne ich, mich um den morgigen Tag zu kümmern, ab dem mich Diana und Thorsten über Ostern einige Tage begleiten werden. Darauf freue ich mich jetzt richtig: So sehr ich ein paar Tage gebraucht hatte, um allein unterwegs tiefer in mir anzukommen, so sehr fühle mich jetzt wieder offen für Begegnung. Die letzten Tage waren nicht wegen des Alleinseins anstrengend, sondern wegen der widrigen Strecken und des Wetters.
Und noch ein anderer Lichtblick scheint am Ende dieses Tages auf: Ich erfahre per SMS von der Pastorin, die ich angerufen hatte, daß morgen genau zu unserer Treffens-Zeit die St. Trinitatis-Kirche tatsächlich offen sein wird. So können wir unseren Oster- Pilgerweg dort beginnen. Damit hatte ich schon gar nicht mehr gerechnet, denn es ist seit Kloster Lehnin die erste offene Kirche, die mir begegnet.
Aber da Not bekanntermaßen erfinderisch macht, wird dann – wenn die Räume in den Kirchen verschlossen bleiben und die Plätze in der Natur verschandelt sind – das Gehen selbst noch mehr zur Gehmeditation.
Ich freue mich auf die Ostertage!
Weg und Bilder in Komoot: 6. Pilgertag
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