unterwegs für eine Vision

Jahr: 2022 (Seite 5 von 7)

8. Pilgertag: von Jerichow nach Stendal

Der Karsamstag beginnt mit Minusgraden, aber wunderschönem Sonnenwetter. Vom Hotel wandern wir zusammen zum Kloster Jerichow. Um es zu besichtigen, muss man wie in einem Museum Eintritt zahlen. Ich kenne die Kirche von einem Konzert mit Helge Burggrabe – auch eine Verbindung zur Kirche im Kloster Gerode. Die Erinnerung daran taucht lebendig in mir auf.

Es wird wärmer. Gut, dass man sich im Kloster- „Museum“ noch umziehen konnte. Der schöne Weg Richtung Stendal führt über die Elbdeiche. Ein Rastplatz, der an den Deichbruch bei der letzten Elbflut erinnert, lädt heute zum Verweilen ein. Auf der gegenüberliegenden Seite sehen wir die Türme der Hansestadt Tangermünde.

Wir entscheiden uns spontan, dorthin zu pilgern. Da der Weg nach Stendal mit diesem Umweg zu weit wäre, nehmen wir von dort den Zug. Auch auf diese Weise sind wir noch über 20 Kilometer gelaufen. Wir spüren den Weg in den Füßen besonders, als wir in Stendal noch durch die ganze Stadt laufen müssen, um in unsere Hotels zu kommen. Trotzdem verabreden wir uns für ein gemeinsames Abendessen, um so den Tag gemeinsam zu beschließen.

Alle Kirchen, in denen wir auf dem Weg gerne innegehalten hätten, waren verschlossen. Diana und Torsten beschließen, am nächsten Tag nach Berlin zurückzufahren – aus verschiedenen Gründen, aber die Beine haben daran auch einen kleinen Anteil. Wir recherchieren gemeinsam im Internet, dass der Dom wohl am nächsten Tag geöffnet haben sollte, und verabreden uns dort zum Abschluss unserer gemeinsamen Pilgerzeit.

Weg und Bilder in Komoot: 8. Pilgertag

7. Pilgertag: Karfreitag von Genthin nach Jerichow

Ich treffe Diana und Torsten um 9:30 Uhr an der Trinitatiskirche. Sie ist -wie die Pfarrerin versprochen hatte – wegen des bald beginnenden Gottesdienstes offen. So können wir mit einer kleinen Besinnung in der Kirche und mit ein paar Worten zum Pilgern beginnen.

Danach geht es raus aus der kleinen Stadt, kilometerlang über eine kleine Landstraße, die Gott sei Dank nicht stark befahren ist. Das Wetter ist deutlich besser als am Tag zuvor, es gibt nur noch kleine Niesel-Abschnitte und der Himmel bleibt bedeckt.

Um nicht den ganzen Weg nach Jericho auf diese Weise zurücklegen zu müssen, wählen wir einen Umweg, der uns auf Forststraßen zu unserem Ziel bringt: das ist zunächst die Pension, die wir unabhängig voneinander gebucht hatten, und die deutlich bessere Zeiten gesehen hat.

Wir wollten den Tag im Kloster Jerichow abschließen, aber es war bereits zu spät. So nehmen wir zusammen ein frühes Abendessen in diesem kleinen, abweisend wirkenden Ort.

Weg und Bilder in Komoot: 7. Pilgertag

6. Pilgertag: Gründonnerstag von Bensdorf nach Genthin

Es ist Regen angesagt für heute – wie viel, kann man schwer abschätzen. Deshalb teste ich, bevor ich los pilgere, meine Regenklamotten in einem Marsch zum nächsten Supermarkt, der fast eine halbe Stunde von meiner Pension entfernt liegt. Irgendwann in der Nacht muss die Heizung wohl doch noch angesprungen sein, sodaß mein frisch gewaschenes Hemd tatsächlich noch trocken geworden ist. Alle Vorzeichen stehen auf grün, als ich mich endlich auf den Weg mache. Es geht quer durch eine landwirtschaftliche Gegend, die allerdings durch die vielen Spargelabdeckplanen und Plastikgewächshäuser verunstaltet ist.

Trotzdem fühlt sich dieser Weg wesentlich angenehmer an als in den Tagen zuvor, wo ich so oft neben Bundesstraßen herlaufen musste. Und irgendwann bin ich dann doch wirklich in der Natur, allerdings nicht sehr lange. Denn dann erreiche ich den Elbe-Havel-Kanal. Während ich eine der wenigen Brücken nutzen kann, beginnt es wirklich zu regnen, zuerst recht sacht, mehr ein Nieseln, sodaß ich mich schon Frage, ob es wirklich sinnvoll war, die wasserdichte Regenüberhose an zu behalten.

Diese Frage klärt sich schnell: der Regen wird immer heftiger und er begleitet mich die ganzen 12 – 14 km an dem Kanal entlang. Die Hose hält dicht, was man von meinem Anorak nicht behaupten kann. Als ich in Genthin ankomme, bin ich doch einigermaßen nass geworden. In dieser verlassen wirkenden Stadt finde ich wenigstens zunächst ein Cafe und dann mein Hotel, indem ich mich nach dieser nassen Strapaze gut aufgehoben fühle.

Dort beginne ich, mich um den morgigen Tag zu kümmern, ab dem mich Diana und Thorsten über Ostern einige Tage begleiten werden. Darauf freue ich mich jetzt richtig: So sehr ich ein paar Tage gebraucht hatte, um allein unterwegs tiefer in mir anzukommen, so sehr fühle mich jetzt wieder offen für Begegnung. Die letzten Tage waren nicht wegen des Alleinseins anstrengend, sondern wegen der widrigen Strecken und des Wetters.

Und noch ein anderer Lichtblick scheint am Ende dieses Tages auf: Ich erfahre per SMS von der Pastorin, die ich angerufen hatte, daß morgen genau zu unserer Treffens-Zeit die St. Trinitatis-Kirche tatsächlich offen sein wird. So können wir unseren Oster- Pilgerweg dort beginnen. Damit hatte ich schon gar nicht mehr gerechnet, denn es ist seit Kloster Lehnin die erste offene Kirche, die mir begegnet.

Aber da Not bekanntermaßen erfinderisch macht, wird dann – wenn die Räume in den Kirchen verschlossen bleiben und die Plätze in der Natur verschandelt sind – das Gehen selbst noch mehr zur Gehmeditation.

Ich freue mich auf die Ostertage!

Weg und Bilder in Komoot: 6. Pilgertag

5. Pilgertag: von Brandenburg nach Bensdorf

Nun liege ich also im Bett, eingemummelt in zwei Decken, am Ende eines Tages der Widrigkeiten.

In Brandenburg hätte ich den Tag gerne mit einer Meditation im Dom begonnen.
Der war allerdings noch geschlossen, und ich mußte zurück ins Hotel, um mein Zimmer zu räumen. Zweimal wäre mir das zu weit gewesen.

Der Weg aus Brandenburg heraus führt Kilometer lang über Industriegelände, leerstehende Unigebäude, Bahngleise, Neubauviertel und wieder endlose Industrieanlagen. Ein wenig war ich schon darauf vorbereitet, daß es heute kein Spaziergang durch die schönste Natur sein würde. Aber mit Ausnahme der letzten 4 km war ich andauernd neben Bundesstraßen unterwegs.

Kleine Glücksmomente waren ein Supermarkt mit einem Bäckerei Shop, in dem ich etwas zu trinken bekam und dann abseits ein paar Baumstämme, auf denen man sich ausruhen konnte.
Ansonsten fast 20 km ohne auch nur eine Bank oder etwas ähnliches unterwegs zu finden.

Die Pension hier in Bensdorf liegt etwas abseits. Deshalb hatte ich vor, zum Abendessen in das Nachbar Dörfchen zu gehen. Dort waren mehrere Restaurants verzeichnet. Alles Fehlanzeige: in dieser Woche vor Ostern hatte keines geöffnet. Der Wirt hier war dann so nett, ausnahmsweise für mich zwei Würstchen warm zu machen. Was anderes gab es nicht.

Nun also ein karges Mahl für heute und zu guter Letzt scheint noch die Einstellung der Heizung falsch zu sein: es wird nicht warm im Zimmer, und mein frisch gewaschenes Wanderhemd, hängt nun nass im Badezimmer. Es sollte über Nacht an der Heizung trocknen, die nun einfach nicht anspringt. Und deswegen liege ich mit den zwei Decken im Bett. Morgen wird es regnen. Und in alledem bin ich in erster Linie: neugierig.

Weg und Bilder in Komoot: 5. Pilgertag

4. Pilgertag: von Kloster Lehnin nach Brandenburg

Ich bin ausgeschlafen. Das Wetter ist wieder sehr schön und morgens kalt. Zum Frühstück muss ich in das Städtchen laufen und gehe bei der Gelegenheit noch einmal im Kloster und der Klosterkirche vorbei, ich möchte mir einen Stempel holen für meinen Pilgerausweis. Die Kirche ist abgeschlossen und ich wende mich an den daneben liegenden Beherbergungsbetrieb.

Ein kleines Wunder geschieht: Ich bekomme den Schlüssel für die Kirche und kann dort für einige Zeit ganz alleine sein. Es ist ein erstes kleines Durchbruchs- Erlebnis. Es geschieht eine Ergriffenheit, die ich nicht oft erlebe, die sich Ausdruck verschaffen will im Singen, im Beten, im Weinen. Das ist nur möglich, weil es sich so gefügt hat.

Dann geht es los den Weg noch einmal zurück und dann weiter am See entlang, durch die zunächst noch gewohnte und schöne Landschaft mit dem lichten Fichtenwald. Nach einer Weile muss ich die A2 queren und es wird unangenehm laut, für eine sehr lange Zeit. Die Landschaft ändert sich. Zum ersten Mal ist sie so, wie ich es mir schon öfter vorgestellt hatte: Endlose landwirtschaftliche Flächen, die teils brachliegen und vollkommen überdüngt scheinen. Jedenfalls riecht es so. Viele Kilometer wandere ich so durch diese für meine bayerische Seele etwas trostlos anmutende Landschaft. Das ist weit mehr als die Hälfte des Weges, die ich so zurück lege. Ein kleines Wäldchen zwischendurch gibt die Möglichkeit für eine Rast. Auf dem trockenen Boden kann ich mich in die Sonne legen, eine Bank habe ich die ganzen 20 km nicht gefunden.

Das viel gerühmte Brandenburg an der Havel empfängt mich auch nicht gerade mit Schönheit. Erst in der Innenstadt beginne ich mich etwas wohler zu fühlen, und die kleine Pension, die ich reserviert hatte, bietet einen angenehmen Empfang. Die Füße tun mir weh nach dieser längsten Strecke, die ich bisher gelaufen bin. Gott sei Dank sind die nächsten Tage wohl nicht so anspruchsvoll und hoffentlich auch landschaftlich schöner. Aber ich bin immer noch erfüllt von meinem Beginn des Tages in der Lehniner Klosterkirche. Dort hatte ich wirklich Zeit und Konzentration, mich mit all den Menschen zu verbinden, die mich auf dem Weg begleiten. Es sind immer mehr geworden in den letzten Tagen. Also ist am Ende des Tages vor allem eines: Dankbarkeit

Weg und Bilder in Komoot: 4. Pilgertag

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