Was bleibt: die Erfahrung des Pilgerwegs und der materielle Ertrag
Mit der erfolgreichen Versteigerung meines Pilgerwagens im Kloster einige Wochen nach dem offiziellen Ende der Reise (deren Beschreibung in einem Resümee >hier nachzulesen ist), steht nun auch der Gesamtbetrag fest, die das Pilgerprojekt für den weiteren Aufbau des Friedenzentrums erbracht hat: Es sind insgesamt 14.253,00 Euro auf dem Konto der Stiftung eingegangen!
Dass dies auch eine gemeinschaftliche Leistung durch die Mitwirkung von so vielen Unterstützerinnen im Verein, in der Fundraisinggruppe und meinem Freundeskreis ist, darauf soll hier noch einmal hingewiesen werden.
Nicht nur für mich ist aber der materielle Ertrag nicht das wichtigste Ergebnis. Die Vision der Internationalen Bildungs- und Begegnungsstätte für Gesundheit, Kultur und Frieden im Kloster Gerode hat so größere Bekanntheit erreicht und neue Unterstützer gefunden. Das weitere Arbeiten an der Realisierung wird nun zur (all)täglichen Aufgabe.
Auch für mich persönlich ist das „Pilgerprojekt“ im engeren Sinne zwar zu Ende, aber die Herausforderung ist geblieben: Wie kann ich in einer guten inneren Haltung dem begegnen, was täglich an Unbekanntem (und oft: Unerwünschtem) in mein Leben tritt?
Ohne hier auf Details eingehen zu wollen, kann ich sagen, dass mein unbestimmtes Gefühl, dass die Pilgerreise nicht zu Ende sei, mich nicht getrogen hat. So wie diese Reise neben viel Freude insbesonders in den Begegnungen auch dadurch gekennzeichnet war, dass ich sehr deutlich mit meinen eigenen Grenzen konfrontiert war, hat sich das in vielen Herausforderungen meines Lebens „danach“ weiterhin ganz deutlich gezeigt. Das Vertrauen, dass es für diese immer einen GUTEN WEG gibt, gehört zum „Handgepäck“ des Pilgers.
Vor einigen Tagen hat mich ganz überraschend eine Klientin an ein Gedicht erinnert, das sie vor vielen Jahren von mir geschickt bekam. Ich finde, es passt hier besonders gut:
An einem der Tage, die kommen, wird etwas geschehen, das du nicht kennst, noch nicht, und auch nicht verstehst, etwas, von dem du nur träumst, was du erwartest, so wie ein Wunder. Es wird etwas sein, auf das du nicht wartest, nein, das du suchst, und weißt auch nicht zu sagen, wonach, und du suchst es auch nicht, sondern findest, und nicht einmal das, es findet ja dich, dieses Lächeln, von dem du gefunden wirst, an einem der Tage, die kommen.
Der Kirchenraum im Kloster Gerode war nicht nur räumliches, sondern auch ideelles Ziel der Reise: In dieser überkonfessionellen Kirche des „Klosters des 3. Jahrtausends“ sollen im Jahr 2024 die Feiern zum 900-jährigen Bestehen der Klosteranlage und zum 30-jährigen Wirken des WEG DER MITTE dort stattfinden, dies vermutlich noch „open air“. Für die endgültige Sicherung und den weiteren Ausbau, in dem dann das Friedenszentrum auch ein Dach erhalten soll, sind die Gelder bestimmt, die das Pilgerprojekt einsammelte (und weiter einwirbt.)
Hier folgt – im Abstand mehrerer Wochen – eine Zusammenfassung besonders für diejenigen, die das Projekt auf so vielfältige Weise unterstützt und begleitet haben.
Zunächst ein Blick auf den äußeren Weg. Er führte durch extrem unterschiedlich erlebte Landschaften. In manchen fühlte ich mich teils sehr fremd und verloren, andere waren in dieser schönen Frühlingszeit ein Genuss für das Auge und Nahrung für die Seele.
Es gab Wege durch endlos erscheinende verwahrloste und ausgebeutete Natur, kilometerlang auch durch verwüsteten Monokultur-Wald oder entlang der toten Wässer von Kanälen. Landschaften, die durch das völlige Fehlen von Rastplätzen oder einer Bank schon anzeigen, dass hier niemand wandernd oder spazierend unterwegs sein möchte.
Und es gab die einladenden Wege entlang von lebendigen Flüssen, durch hellgrün leuchtenden Mischwald und bestellte Felder, die die Achtung der Natur spüren ließen, gewundene Wege und manchmal für den Pilgerwagen auch anspruchsvolle Pfade durch die heimelige Hügellandschaft am Elm und im Vorharz.
Als gebürtiger Bayer liegt mir letzteres natürlich näher und trotzdem macht nicht die Form den Unterschied, sondern der im Durchwandern erfahrbare Umgang der Menschen mit dem, was wir an Natur (noch) haben.
Auf einem Pilgerweg sind wir immer wieder angewiesen auf gute Plätze des Innehaltens, an denen die Verbindung mit dem inneren Pilgerziel unterstützt wird. Dies kann in der Natur sein oder in dafür geeigneten meditativen Räumen. Von meiner ersten Pilgerreise her war ich gewohnt, die Kirchen auf dem Weg dafür zu nutzen und fand damals die allermeisten auch offen. Diesmal war auch das sehr anders. Einige der besonderen „Durchbruchs“-Erfahrungen waren dann auch in den wenigen offen vorgefundenen Besinnungsräumen (Kloster Lehnin und Neuendorf, Kirche in Burgdorf), oft stand ich vor verschlossenen Kirchentüren, die damit eine ähnliche Abweisung erzeugten wie der Weg durch manche Gegend.
Kloster LehninKloster NeuendorfSt. Nicolai, Kirchhorst
Zu dieser teils schwierigen äußeren Erfahrungswelt gibt es ein deutliches Gegengewicht auf der sozialen Ebene der erlebten Beziehungen. Das ist die freundliche Aufnahme durch so viele unterstützende Menschen aus meinem Freundeskreis und ebenso von mir persönlich ganz unbekannten Menschen, die dem WEG DER MITTE nahestehen und das Projekt durch ihre Gastfreundschaft oder andere Beiträge unterstützten.
Die deutlich positivste Erfahrung auf dem Weg war: Immer wieder ein bedingungsloses Angenommen-Sein zu erleben, ganz selbstverständlich im Lebens- und Familienfeld aufgenommen zu sein und so viel (auch logistische) Unterstützung zu bekommen.
Zu diesem positiven Beziehungsfeld gehören auch die vielen Menschen, die Teile des Wegs mit mir geteilt haben. Neben Freunden waren das auch wieder mir zu Beginn ganz unbekannte Mitpilgernde: es war spannend und schön, sich dann auf dem Weg sprechend – und schweigend – kennen zu lernen.
Durch Hilfsbereitschaft und Kreativität war auch die Vorbereitung des Projekts gekennzeichnet, durch die gesamte Fundraisinggruppe und die Menschen des WEG DER MITTE in Berlin, Göttingen und Gerode – vorher, unterwegs und auch noch danach. Zu dem Dank an all diese Menschen gehört – und selten passt „last but not least“ so gut wie hier – der ganz besondere Dank an Petra, die so viel Energie und Zeit für das Projekt eingesetzt hat, dass es gar nicht anders beschreibbar ist als: unermüdlich und grenzenlos.
Meine eigenen Grenzen allerdings habe ich in diesem Pilgern immer wieder kennen gelernt und musste ein gutes Umgehen dafür finden. Die Vorbereitungen, besonders die aufwendigen und nicht immer erfolg- oder hilfreichen Pressekontakte, haben trotz aller Hilfe mehr Einsatz verlangt, als ich mir das vorgestellt hatte. Die Grenzen waren weniger in der körperlichen Leistungsfähigkeit spürbar als in der Notwendigkeit, einen bestimmten Energielevel zu halten, der ja nicht nur (so wie ich das kannte) meinen eigenen Weg und dessen Verarbeitung zu gewährleisten hatte, sondern auch noch an vielen Abenden für die Veranstaltungen und das „drum rum“ reichen musste. Und da war es dann auch gut, immer wieder mal einen oder mehrere Tage alleine unterwegs zu sein, wo ich die Verantwortung nur für mich selbst hatte.
Unterstützend aber war immer das Bewusstsein, eingebettet zu sein in einer Gemeinschaft – auch da, wo ich alleine unterwegs war.
Gerne würde ich hier auch schon den finanziellen Ertrag vermelden. Dies wird auf alle Fälle hier noch erfolgen. Aber da verständlicherweise noch nicht alle (v.a. die km-Spenden) eingegangen sind und verbucht werden konnten, ist das Ergebnis nur vorläufig. Sicher kann gesagt werden, dass die finanzielle Unterstützung über Spenden deutlich mehr als 13000 EUR beträgt. Und das ist auf alle Fälle ein sehr schönes Ergebnis, für das ich gerne auch hier schon den Dank an die Gebenden ausspreche.
Ein Kuriosum bleibt anzufügen. Gerade mit der Spendenform, auf die ich selbst besonders gesetzt hatte, nämlich auf das Angebot „Coaching auf dem Pilgerweg“ ist das Ergebnis gleich Null. Ich mag auch das nicht abschließend bewerten. Die Richtung in die ich denke ist:
Ich hatte auf die zahlungsfähige Klientel in meinem jetzigen und früheren beruflichen Umfeld gesetzt, hatte den Weg über meine Wirkungsfelder in Wolfsburg und Hannover geführt, das intensiv kommuniziert und beworben und ermutigende erste Rückmeldungen erhalten. Aber vielleicht ist diese Form der Beziehung nicht hinreichend für das, was wir da bewegen wollen?
Mit meinem ganz persönlichen Resümee der inneren Verarbeitung und Erkenntnis bin ich noch nicht fertig. Was schon angesprochen und klar erscheint:
Das äußere, immer wieder auch schwierige Feld darf nicht bestimmen über die innere Orientierung; es muss klar gesehen, zur Kenntnis genommen und bewegt werden, denn es ist immer ein Spiegel für den inneren Weg. Die ermutigenden Erlebnisse von Offenheit und des Angenommen-Seins auf der Beziehungs-Ebene sind auf dieser Pilgerreise zentral. Und auch die geistige Dimension, etwas zu schaffen, was an die Grenzen der Energie geht.
Pilgern heißt ja unter anderem: Ich nehme, was kommt und wie es kommt, und im Idealfall in Akzeptanz. Nun scheint ja noch ein weiterer Pilgertag dazugekommen zu sein: heute am Mittwoch bin ich auf der Autobahn von Hildesheim nach Hannover unterwegs, stehe seit einer Stunde Hundert Meter hinter einem Bagatellunfall in der Vollsperrung im Stau, und es sieht so aus, als würde sich auch in der nächsten Stunde nichts bewegen. Ich habe einen sogenannten wichtigen Termin im Krankenhaus in Hannover, habe dort angerufen, und man teilte mir mit, ich solle einfach kommen, wenn ich hier durch bin. Gute Pilgerhaltung. Gott sei Dank bin ich selbst noch so gelassen, dass ich dieses Aufgehalten sein gelassen hinnehmen, und beschlossen habe, die Zeit für den Bericht über die letzten 2 Tage zu nutzen:
Am Samstag morgen treffen wir uns pünktlich zu viert am Stadtrand von Göttingen etwas oberhalb von Ruths Haus. Der Weg durch den wunderschönen Stadtwald beginnt dort unmittelbar.
Ruth, Bärbel und Kristina kommen mit mir. Wetter, Weg und Stimmung sind ausgezeichnet, mit einigen Pausen und Fehlleitungen durch die App kommen wir trotzdem ganz pünktlich in Seulingen an, und beschließen den Pilgertag in der offenen Kirche dort.
Ruth und Kristina werden von Uwe abgeholt, Bärbel und ich fahren mit dem Bus nach Duderstadt, wo ich mich sehr freue, im Ursulinenkloster meine Familie zu treffen. Sie sind gerade aus Freiburg und Hildesheim angekommen, um den letzten Tag dabei zu sein. Ganz pilgeruntypisch genehmigen wir uns zum Wiedersehen ein feudales Mahl im Restaurant.
Am Sonntag geht es auf die letzte Wegstrecke. Helmut, mein Pilgerseminar-Gefährte, kommt mit einer größeren Gruppe aus Gerode an und wir machen uns nach einer Besinnung in der Klosterkirche der Ursulinen auf den Weg.
Dieser führt zunächst an der Gott sei Dank wenig befahrenen Straße entlang und dann über die Höhenzüge zwischen Duderstadt und Gerode durch Wiesen und Wald, wobei das Wetter immer besser wird.
Zwischendurch halten wir immer wieder an, machen Achtsamkeits- und Yoga-Übungen und trotz eines ungewollten Umwegs kommen wir fast genau zum erwarteten Zeitpunkt um 15 Uhr in Gerode an und wandern durch das offene Klostertor direkt in die Kirche, wo wir von Carmen und Barbara mit wunderschönem Gesang empfangen werden
Für mich dauert es wirklich eine ganze Weile, bis ich realisiere, dass mein geplanter Pilgerweg tatsächlich hier sein Ende findet. Schon unterwegs hatte ich zwischendurch das Gefühl, gar nicht ganz bei mir zu sein, und eigentlich realisiere ich erst Stunden später nach der liebevollen und berührenden Empfangsfeier auf der Terrasse im Kloster, dass ich wirklich angekommen bin.
Ja, dieser Weg ist nun tatsächlich zu Ende gegangen, aber mein Weg und der Weg zum Friedenszentrum ist damit noch nicht beendet. In einigen Tagen werde ich mich mit einem Resümee der Pilgerreise melden. Das kann evtl. noch etwas dauern.
Genauso wie der Stau, in dem ich immer noch stehe…
Es schwingt noch das Erleben der Gastfreundschaft, der offenen Aufnahme inmitten der Familie in Utes Haus in mir nach, die intensiven Gespräche am Abend und am Morgen, an dem dann mein Freund Matthias vor der Tür steht, mit dem Zug aus Kassel angereist. Wir machen uns pünktlich auf den Weg, die Sonne scheint, und bringt das junge Grün der Blätter im Wald zum Leuchten. Es ist ein wunderschöner Weg, meist am Waldrand entlang des Höhenzugs nach Süden. Wir haben uns lange nicht gesehen, haben uns viel zu erzählen und mit dem geplanten Schweigen ist es nicht so weit her. Wir wundern uns wie schnell die Zeit vergeht, und wie weit wir nach gar nicht so langer Zeit schon gekommen waren. Nach einer längeren Mittagspause machen wir uns wieder auf den Weg, um den letzten Höhenzug nach Nikolausberg zu erklimmen, wo wir den Bus nach Göttingen nehmen wollten. Das wären dann ziemlich genau 20 Kilometer gewesen.
Aber es sollte anders kommen: Bei Matthias, der sowieso seit einiger Zeit Schwierigkeiten mit dem Gehen hatte, hat sich eine Blutblase gebildet. Zunächst möchte er den Weg unbedingt noch zu Ende laufen, aber als ich meine starken Bedenken äußere, ist er doch auch einverstanden, die nächste Gelegenheit zu nutzen und schon ab Billingshausen mit dem Bus zu fahren. Ich selbst bin auch nicht wirklich unglücklich darüber, dass ich mir den steilen Berg mit dem Pilgerwagen ersparen kann. Und so sind wir recht früh in Göttingen angekommen, was mir die Möglichkeit gibt, mit dem Bus zu Ruth, meiner Gastgeberin dort zu fahren. Sie wohnt ganz oben am Stadtrand, genau dort, wo wir am nächsten Tag den Weg nach Duderstadt fortsetzen werden.
Die frühe Ankunft passt auch ganz gut, da am Abend ja noch die Veranstaltung im Yogazentrum vom Weg der Mitte ist. Wie zum Beginn der Reise in Berlin bin ich auch in Göttingen zum ersten Mal in diesen schönen hellen Räumen. Es ist die letzte von – ich weiß gar nicht mehr genau wie – vielen, und es wird ein schöner, passender Abschluss, bei dem es wieder möglich war, gut miteinander ins Gespräch zu kommen zum Friedensthema und zum Pilgern und mit einer abschließenden Friedensmeditation.
Diese Zeilen schreibe ich in dem geräumigen Appartement, das Ruth und ihr Mann mir zur Verfügung stellen mochten, eine sehr luxuriöse Pilgerunterkunft. Es ist auch ein seltsames Gefühl, zu wissen, dass ich nur noch 2 Tage unterwegs sein werden, dass die Pilgerreise unweigerlich ihrem Ende entgegen geht. Die treuen lesenden Begleiter des Blogs möchte ich heute schon darauf einstimmen, dass der Bericht über die letzten beiden Tage wahrscheinlich ein wenig Zeit brauchen wird und auch für ein zusammenfassendes Resümee brauche ich wohl noch ein wenig Abstand. Ich hoffe trotzdem, dass es auch dann noch euer Interesse findet.
Das sind nun die letzten Tage, die ich noch einmal allein unterwegs bin. Am Dienstag führt mich der Weg von Lamspringe nach Bad Gandersheim, den ich vor 3 Jahren schon einmal gegangen bin. Und ich bin ihn genau so gegangen, wie ich ihn heute gehen will, nämlich entlang des Skulpturenpfades. Dort hatte ich, das war damals an meinem dritten Tag, mein erstes „Durchbruchs“-Erleben beim Pilgern. Ich nenne das so, weil es sich anfühlt, wie wenn eine höhere Macht durch unsere empfundene Abgegrenztheit hindurchgreift.
Ich möchte diese Geschichte hier kurz erzählen, weil sich derartige Erlebnisse beim Pilgern öfter und leichter einstellen als in unserem Alltagsleben. Als ich damals den besagten Skulpturenweg entlang pilgerte, in meinen Gedanken versunken, hatte ich urplötzlich eine besondere körperlich-emotionale Wahrnehmung, die zunächst ganz unerklärlich war. Ich hielt inne, und fühlte mich zurückgezogen zu einer Holzstatue, die als eine der ausgestellten Skulpturen am Wegesrand positioniert war und an der ich achtlos vorbeigegangen war. Beim ersten Betrachten konnte ich an dieser Statue nichts Besonderes finden, außer dass ich das Gefühl hatte, mich mit ihr in einem speziellen Energiefeld zu befinden. Und dann entdeckte ich die Plakette am Boden, die Namen und Künstler der Skulptur benennt: Es handelte sich um eine Darstellung des heiligen Jakobus, dem Schutzpatron der Pilger auf dem Jakobsweg. Dieses Erlebnis hat mich lange beschäftigt.
Und so war ich am Dienstag besonders neugierig darauf, wie ich diese Skulptur denn 3 Jahre später, wieder auf dem Pilgerweg, erleben würde. Ich habe beim Vorbeiwandern dann fast jedes Kunstwerk fotografiert und wunderte mich sehr, als ich, fast am Ende des Weges, am heiligen Jakobus immer noch nicht vorbeigekommen war.
Mein Freund Theo, in dessen Zentrum ich am Abend die Veranstaltung machen würde, und bei dem ich übernachten konnte, kam mir auf dem Weg entgegen, und konnte sich auch nicht erklären, wieso dieser heilige Jakobus auf dem Weg nicht zu finden gewesen war. Im Internet recherchierten wir dann, wo wahrscheinlich diese Statue stehen sollte. Theo fuhr mich mit dem Auto den halben Weg nach Lamspringe zurück und wir machten uns an geeigneter Stelle auf die Suche. Unglaublich, aber wahr: der Heilige Jakobus stand da, wo wir ihn vermuteten, und ich war an ihm vorbeigelaufen ohne ihn zu bemerken – ein kleines Kunststück: die Statue ist 3 Meter hoch.
Und so hatte ich ein weiteres Mal über das Thema Wahrnehmung und Achtsamkeit nachzuspüren. Jenseits aller persönlichen Bezogenheit in diesem Thema war es für mich aber auch interessant zu sehen, wie sehr Resonanz- Phänomene solche der augenblicklichen Verfasstheit sind.
Die Veranstaltung am Abend im Zentrum für Salutogenese war klein, intim und schön. Anke und Anna waren extra aus Gerode angereist – was mich sehr gefreut hat – um den Ablauf der letzten Tage zu besprechen. Vorher kam noch ein Journalist der Northeimer Zeitung vorbei, um mich zu interviewen. Er versprach, mir den Text zuzuschicken und auf die Veranstaltung am Freitag in Göttingen hinzuweisen. Den Abend beschloss ich im intensiven Gespräch mit Theo ganz oben unter dem Dach seines Hauses, in Sichtweite des Gandersheimer Doms.
Am Mittwoch brach ich früh auf, weil der Weg nach Einbeck zwar nicht sehr weit, aber mit einigen sehr steilen Strecken zu erwarten war. Wieder schien die meiste Zeit die Sonne, der Weg durch viele gelbe Rapsfelder an den Höhenzügen zwischen Gandersheim und Einbeck entlang war sehr schön, und das wirklich steile Stück oberhalb von Einbeck fiel mir überraschend leicht, es ging einfach sehr, sehr langsam voran.
Die Pension in Einbeck war noch einmal ein Geschenk, und die alte Fachwerkstadt Einbeck mit dem kleinen Inder mittendrin ebenfalls.
Der Weg heute am Donnerstag war etrem unterschiedlich – von wunderschöner Auenlandschaft bis hin zu Betongräusligkeiten an der ICE-Trasse.
Nun sitze ich ganz oben über der Stadt Northeim, und ruhe mich von dem doch recht steilen Anstieg zu Ute noch etwas aus. Sie wohnt direkt neben dem Jakobsweg, der oberhalb ihres Grundstücks entlangführt, und hat mich zur Übernachtung eingeladen. Ich freue mich darauf, obwohl die 3 Tage jetzt allein unterwegs auch noch einmal gut waren.